Wie kommt die Region voran? Visionen sind gefragt.Ein Bericht von Hans Eibauer

Alle im Saal spitzen die Ohren, als Marktrat Michael Merthan bei der interkommunalen Ratssitzung der ILE Brückenland Bayern-Böhmen in der Diskussion aufsteht und sagt „ich habe eine Vision.“ Sein Thema ist die dezentrale Energieerzeugung.

Über die Bandbreite der Aktivitäten informieren, die Förderhintergründe vorstellen, Prioritäten definieren, sie mit Projekten unterfüttern und Visionen entwickeln. So haben es sich 1. Bürgermeister Rudolf Teplitzky, Vorsitzender der „ILE Brückenland Bayern- Böhmen e.V.“ mit den Mitgliedern des Vorstands und ILE-Manager Christian Karl von der interkommunalen Ratssitzung erhofft, die am Montag nach mehrjähriger Pause im Emil-Kemmer-Haus tagte. An die siebzig Gemeinde-, Markt- und Stadträte aus den zwölf Mitgliedsgemeinde nahmen an diesem Forum zur Information und Weiterentwicklung der Region teil. Als sich die Damen und Herren Gemeinde-, Markt- und Stadträte bei der Begrüßung des Vorsitzenden nacheinander von ihren Plätzen erheben, unterstreichen sie für die Öffentlichkeit und die Gäste vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) in Tirschenreuth, dass die ILE in den kommunalen Gremien als Chance gesehen wird.

Der Freistaat Bayern steht beratend und finanziell dahinter, wie im Grußwort von Baudirektor Steffen Schneider, Leiter der Abteilung Land- und Dorfentwicklung im Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz (ALE) zu hören war. Zweidrittel der Oberpfälzer Kommunen gehören 14 Ländlichen Entwicklungsregionen an, die in unterschiedlichen Trägerformen auf der Basis von integrierten Entwicklungsgutachten „als starke Partner mit Ausdauer, Mut, Kreativität und Visionen“ gemeinsam vorangehen. Beruhigend die Information, dass „das ALE Oberpfalz die ILE Brückenland Bayern-Böhmen auch weiterhin nach Kräften unterstützen wird“ und dass das Regionalbudget mit seinem großen Gestaltungsspielraum für Projekte bis 20 Tsd. Euro für private, gemeinnützige und kommunaler Träger in 2023 gesichert ist. Beim Regionalbudget werden alle Ratsmitglieder hellhörig, denn es ist ein erfolgreicher Fördertopf, wie Christian Karl ausführt. Begonnen hat es 2020 mit acht, 2021 kamen fünfzehn zum Zug und 2022 gab das Auswahlgremium dreizehn Projekten grünes Licht. Weitere Aktionen sind eng mit dem Erscheinungsbild der ILE in der Öffentlichkeit verbunden: Die Erneuerung der Ortseingangsbeschilderung, der grenzüberschreitende Radlersonntag, die Innenentwicklung in Fortsetzung der Leerstandsoffensive auf der Basis von Modulen (siehe Hintergrund), das Grüne Band, die Förderung der Biodiversität und wenn es nach der Diskussion geht, sollte die ILE die Themen Energie, Wärme und Nachhaltigkeit unbedingt aufgreifen. Diese Schwerpunkte verlangen über den Tellerrand hinauszuschauen, wie bei der Informationsfahrt im Herbst in die ILE Ilzer Land in Bayerischen Wald geschehen.

Auf die Exkursion mit dem Blick hinter die Kulissen anderer ländlicher Entwicklungsregionen, in der Gemeinde Ringelai mit dem Projekt „Smart City“ als Beispiel, bezog sich in der Diskussion die erste Wortmeldung von Stadtrat Josef Eibauer (Schönsee). Stecken hinter „Smart City“ Ansatzpunkte, die wir aufgreifen sollten, wo liegen wir im Brückenland im Vergleich zu anderen ILEs und wie können wir mit innovativen Projekten unser Niveau anheben? Die Antwort des Vorsitzenden darauf ebenfalls als Fragen formuliert: Wollen wir als ILE die Mitgliedsgemeinden vor uns hertreiben oder die Gemeinden gehen voran und die ILE räumt zusammen und bringt die Initiativen auf eine gemeinsame Linie? Die weitere Diskussion zeigt, dass es immer Vorreiter braucht, die interessante Ansätze aufgreifen. Ob es eine Gemeinde zuerst oder eine Initiative der ILE ist, bei der mehrere mitziehen, ist Marktrat Michael Merthan (Winklarn) in seinem Diskussionsbeitrag eher zweitrangig. Ihm geht es darum, dass nach seiner Vision Leerstand mit dezentraler Strom- und Wärmeerzeugung verbunden werden sollte. „Wir müssen in den regionalen Energiesektor investieren, um uns unabhängig zu machen. Warum nicht mitten hinein in die Ortskerne gehen und in leer stehenden Anwesen für die Nachbarhäuser mit Holzabfällen und sonstigen verwertbaren Stoffen aus unserem regionalen Kreislauf Energie erzeugen, wie es die Firma Steamergy in Deggendorf vormacht?“

Die Bürgermeister Rudolf Teplitzky (Oberviechtach) und Reinhard Kreuzer (Schönsee) verweisen auf die in Auftrag gegebenen kommunalen Energienutzungskonzepte, die demnächst auf den Tischen der Räte liegen werden. „Wir werden bei uns an Windkraftanlagen und Flächen für Photovoltaik nicht vorbei kommen“ ergänzt Kreuzer. Weitere Diskussionsbeiträge drehen sich darum, ob von ILE-Seite etwas unternommen werden könnte, dem Ausverkauf des Staatsforsts mit rigorosem Holzeinschlag im Eslarner Gebiet im Interesse der Biodiversität Einhalt zu gebieten, oder den überdimensionierten und sündteuren Bau von Leitplanken an Ortsverbindungsstraßen zu stoppen und gegen das Wirtshaussterben etwas zu unternehmen. Zur Freude der Veranstalter gab es beim anschließenden Stehempfang viel Gesprächsstoff und Komplimente. „Es war ein guter Abend“ fasste Bürgermeisterin Sonja Meier (Winklarn) zusammen.

Und so soll es auch im nächsten Jahr wieder die Möglichkeit zum Austausch und zur Diskussion im Rahmen einer Interkommunalen Ratssitzung geben.

Fotos: Hans Eibauer